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WeCount – der Beitrag von Citizen Science zur nachhaltigen Mobilität

Citizen Science (CS)-Projekte entwickeln sich immer weiter und legen den Schwerpunkt zunehmend auf die Befähigung von Bürger:innen und politischen Wandel. Das Projekt WeCount ist ein Beispiel für diesen Wandel und nutzt partizipative Methoden, um nachhaltige Mobilitätsprobleme in sechs europäischen Städten anzugehen: Madrid, Barcelona, Leuven, Ljubljana, Dublin und Cardiff. Das Projekt, das von 2019 bis 2021 lief, war besonders bemerkenswert, da es sich während seiner Laufzeit an die Herausforderungen der COVID-19-Pandemie anpassen musste. Im Juni 2024 erschien der Abschlussbericht zum Projekt. Hier eine Übersicht über zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt.

Das Projekt WeCount hatte zum Ziel, Bürger:innen zu befähigen, eine Hauptrolle bei der Erzeugung von Daten, Erkenntnissen und Wissen über die Mobilität in ihrer eigenen Nachbarschaft und auf der Strasse zu spielen. Das Projekt wendete partizipative Citizen-Science-Methoden an, um einerseits innovative, kostengünstige, automatisierte Sensoren zur Verkehrsbeobachtung und andererseits Mechanismen zur Einbeziehung verschiedener Interessengruppen in sechs Pilotprojekten in Madrid, Barcelona, Ljubljana, Dublin, Cardiff und Leuven zu entwickeln und zu nutzen.

 Die Pandemie erforderte einen Wechsel von persönlichen Rekrutierungsmethoden zu Online-Strategien. Trotz dieser Herausforderung gelang es WeCount, eine vielfältige Gruppe von Freiwilligen durch Social-Media-Kampagnen, virtuelle Interaktionen und die Einbindung lokaler «Champions» zu engagieren. Insgesamt wurden 1.211 Teilnehmende direkt einbezogen, davon 368 Bürger:innen, die Verkehrssensoren nutzten, und 843, die an Workshops teilnahmen. Dieses Engagement wurde durch gezielte Rekrutierungsstrategien erreicht, indem man sich die Unterstützung von lokalen Veranstaltungsorten und Institutionen eingeholt hat.

Eine wesentliche Erkenntnis aus dem Projekt war die Bedeutung des Spassfaktors in der Citizen Science. Teilnehmende, die ihre Zeit im Projekt genossen, waren eher bereit, sich auch nach Abschluss des Projekts weiterhin mit den Daten zu beschäftigen. Die Umfrageergebnisse zeigten, dass 83% der Teilnehmenden ihre Erfahrung als ausgezeichnet oder gut bewerteten und 75% berichteten, ihr Wissen über urbane Mobilität verbessert zu haben. Diese positive Erfahrung war mit einer erhöhten Bereitschaft zur weiteren Beteiligung verbunden, was zeigt, dass der Spassfaktor ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung des Engagements in Citizen-Science-Projekten ist.

WeCount hat auch zu konkreten Massnahmen und Verhaltensänderungen bei den Teilnehmenden geführt. Obwohl bescheiden, haben 10% der Teilnehmenden praktische Massnahmen ergriffen, wie zum Beispiel die Benachrichtigung lokaler Behörden, die Teilnahme an öffentlichen Konsultationen oder die Weitergabe von Wissen innerhalb ihrer Gemeinschaft. Das Projekt hat gezeigt, dass Motivationen wie das Sammeln von Beweisen und die Nutzung von Technologie starke Prädiktoren für nachfolgende Massnahmen sind.

Das Projekt stiess jedoch auch auf Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die verwendete Technologie. Während viele Teilnehmenden die innovativen Verkehrssensoren schätzten, hatten einige Schwierigkeiten bei der Einrichtung und Wartung der Sensoren. Diese technologischen Herausforderungen waren eine Quelle der Frustration und unterstreichen die Bedeutung einer angemessenen Unterstützung, um eine positive Erfahrung für die Teilnehmenden zu gewährleisten.

Gemeinschaftsbildung und Empowerment waren wichtige Erfolge des WeCount-Projekts. Das Projekt förderte ein Gemeinschaftsgefühl unter den Teilnehmenden, die sich befähigt fühlten, die Daten für lokale Interessenvertretung und politische Veränderungen zu nutzen. Viele Teilnehmenden äusserten die Bereitschaft, ihr Engagement für nachhaltige Mobilität auch nach dem Projekt fortzusetzen. Die Schaffung eines unterstützenden Netzwerks war entscheidend für die Aufrechterhaltung des Engagements und die Nachhaltigkeit des Projekts.

Der Erfolg von WeCount wurden in wissenschaftlicher, sozialer, politischer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht durch die Projektleitenden bewertet. Es erzielte die höchsten Werte in der wissenschaftlichen Wirkung, insbesondere bei der Generierung neuen Wissens und innovativer Bildungsmassnahmen. Das Projekt entwickelte Leitfäden und Toolkits, die zu neuen Wissensressourcen beitrugen und sowohl dem Projektteam als auch der breiteren Forschungsgemeinschaft zugutekamen. Soziale Auswirkungen waren ebenfalls signifikant, mit hohen Werten für Gemeinschaftsbildung und Wissenserweiterung. Das Projekt war erfolgreich darin, die Fähigkeiten der Bürger:innen zu stärken, soziale Inklusion zu fördern und Verhaltensänderungen hin zu nachhaltiger Mobilität zu bewirken. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren jedoch minimal.

wecount1Abbildung 1 Allgemeine Wirkung des WeCount-Projekts nach Angaben des Forschungsteams in fünf Wirkungsbereichen. Quelle: Sardo, A. M., Laggan, S., Fogg-Rogers, L., Franchois, E., Maccani, G., Vanherle, K. and Hayes, E. (2024). Measuring the impacts of participatory citizen science: lessons from the WeCount sustainable mobility project JCOM 23(05), N01. https://doi.org/10.22323/2.2305080

 

Das WeCount-Projekt unterstreicht den Wert von co-kreativen Citizen-Science-Projekten bei der Bewältigung realer Probleme. Das Projekt hat gezeigt, dass Citizen Science effektiv zur nachhaltigen Mobilität und Umweltpolitik beitragen kann. Indem Bürger:innen auf sinnvolle Weise einbezogen, ihnen die Werkzeuge und Unterstützung zur Datenerhebung und -analyse zur Verfügung gestellt und ein Gemeinschaftsgefühl und Empowerment gefördert werden, können Citizen-Science-Projekte wie WeCount bedeutende lokale Veränderungen vorantreiben und zu breiteren Nachhaltigkeitstransitionen beitragen. Diese Erkenntnisse bieten wertvolle Lektionen für zukünftige Projekte, die ähnliche Probleme angehen möchten.

Erstellt am 17. Juli 2024


Weiterführende Links

Hier geht es zum Schlussbericht vom Projekt WeCount: Measuring the impacts of participatory citizen science: lessons from the WeCount sustainable mobility project

Mehr zum Thema Citizen Science und Nachhaltigkeit: https://www.schweizforscht.ch/vertiefen/citizen-science-spotlight/sdg 


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